Integration, was ist das?

Alles, was das tägliche Leben in der Türkei so mit sich bringt... Teilen Sie Ihre Startschwierigkeiten, Erfahrungen, Probleme, Glücksmomente... Hier geht es um das Emotionale und/oder praktische fürs tägliche Leben.

Integration, was ist das?

Beitragvon Keykubat » Mi 22. Jul 2009, 12:26

...theoretisch...

Auszug aus wikipedia:
Der Prozess der Integration von Menschen mit einem Migrationshintergrund besteht aus Annäherung, gegenseitiger Auseinandersetzung, Kommunikation, Finden von Gemeinsamkeiten, Feststellen von Unterschieden und der Übernahme gemeinschaftlicher Verantwortung zwischen Zugewanderten und anwesender Mehrheitsbevölkerung. Im Gegensatz zur Assimilation (völlige Anpassung), verlangt Integration nicht die Aufgabe der eigenen kulturellen Identität.

....praktisch...

Ich habe mal irgendwo geschrieben, wenn ihr auf dem Burgberg seid sprecht mal einen Türken an.

Der Urlauber "Hä, ich bin wenn überhaupt nur einmal da oben warum soll ich dann noch mit einem Türken quatschen?"

Vielleicht hat er Recht. Den meinte ich auch nicht. Ich meinte dich die/der jetzt diesen Beitrag liest.

Also wenn ihr es kurz vor Sonnenuntergang nach oben geschaft habt werdet ihr etwas unterhalb der Burg mit Blick durch die Zinnen auf den Kleopatrastrand also da werdet ihr in der Regel eine Menge Menschen antreffen.
Und das sind meistens Türken die dort auf Steinen sitzen und das traumhafte Naturschauspiel der untergehenden Sonne beobachten.
Und wenn ihr euch jetzt danebensetzt und irgendwas von schön sagst, hast du erstmal ein Stück Melone in der Hand. Und wenn du ein klein wenig türkisch kannst ist das der Anfang von Integration.
Die Türken, sind zu Recht sehr stolz auf ihr Land und wenn man es ihnen glaubhaft vermittelt gewinnt man ganz schnell Freunde.

So jetzt schnell in den Flieger ab nach Hamburg.

Gestern war ich dort mit meiner Frau und Fahrrädern auf Tour durch Hamburgs schönen Osten. Wir fahren da so manchmal 50-60 km macht Spaß und ist gesund sagt der Arzt wenn ich mich am anderen Tag nicht mehr bewegen kann.
Im Osten Hamburgs liegt der Ausländeranteil der Bevölkerung bei über 20%. Also die Wahrscheinlichkeit in den riesigen Parks jemand zu treffen ist sehr groß.

So wie gestern, wir fuhren also durch einen Park und sahen einen Menschenauflauf.
Beim Näherkommen sahen wir das mehrere Familien sich auf einen schönen Grillabend vorbereiteten.
Die hatten alles dabei Pavillons, Tische, Stühle Omas und ganz süße Enkelkinder.

Es waren drei Familien Türken, Kurden!, Iraner. Und weil wir länger als drei Sekunden geguckt haben auch noch eine kleine deutsche Familie.

Es war wieder einmal ein wunderschöner Abend und ich fühlte mich geehrt als wir abschließend von der türkischen Familie zu einem Besuch eingeladen wurden.
Liegt wohl in erster Linie daran das meine Frau ein bischen türkisch kann.

Was mir allerdings nicht gefiel, ich hatte aber keine Chance, das ist die Knutscherei mit den bärtigen Männer. Einmal rechts einmal links und dann nochmal rechts so das langt jetzt aber..... :smilie[124]

LG Gunnar
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Beitragvon oba » Mi 22. Jul 2009, 12:39

Was mir allerdings nicht gefiel, ich hatte aber keine Chance, das ist die Knutscherei mit den bärtigen Männer. Einmal rechts einmal links und dann nochmal rechts so das langt jetzt aber.....


noch nie auf einer deutschen Schickimicki (oder was sich dafür hält) Party gewesen?

Nach der Begrüßung bist Du dann um ein Pfund scherer, der Schminke wegen, die dann an Deinen Wangen hängt. Das ist schlimmer als von Bartstoppeln gekratzte gerötete Gesichtsteile.

Den Rest unterschreib ich.

hG

Reiner
Zuletzt geändert von oba am Mi 22. Jul 2009, 13:19, insgesamt 1-mal geändert.
bir baþka Oba yok ;-)
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Beitragvon Micha » Mi 22. Jul 2009, 12:44

Ihr seit aber wieder was Mimosen haft.
Besser von Bartstoppeln an der Wange geküßt
als von der Jugend wie folgt

Na alter was geht, kommst du zum sterben hierher??
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Beitragvon Martina » Mi 22. Jul 2009, 12:49

Gute Frage....

Integration.... wann bin ich hier integriert? Wenn ich die Religion angenommen habe? Nein. Ich werde in Deutschland weitaus häufiger gefragt, ob ich muslimisch geworden bin (ja, bin ich, übrigens) als in der Türkei.

Wenn ich die türkische Lebensweise angenommen habe?
Sicherlich.
Aber wie weit sollte man gehen? Und WAS genau ist die türkische Lebensweise - und was die deutsche? Nach 9 Jahren Türkei fällt es mir manchmal schwer, zu unterscheiden. Sicher haben wir als Familie eher eine türkische Lebensweise angenommen, aber bestimmte Sachen zu übernehmen, weigere ich mich einfach.

Z.B. mag ich keine unangemeldeten Besucher, es sei denn, es sind enge Freunde oder Schwiegereltern. Aber die erwarten auch keine blitzeblanke Wohnung (oder Salon) und Bewirtung...

Ganz grauslich finde ich die Sitte, das grösste und schönste Zimmer mehr oder weniger abzuschliessen und nur an Feiertagen und zum Abstauben zu betreten - Selbst bei 180 m² ist mir der Platz zu schade.

Schlimm finde ich auch, dass die "Hausfrau" bei Essenseinladungen total hektisch in der Küche rumfuhrwerkt und gleich nach dem Essen wieder alles picobello aufgeräumt werden muss. Die Gäste sehen nichts von ihr.

Genauso nervt mich das Erstaunen, dass ich als "Yabanci" türkische Nationalgerichte - Dolma, Böreks, Sac Kavurma, Suppen - genauso gut kochen kann wie die türkischen Frauen (ist ja auch kein Hexenwerk) - und auch das Erstaunen, dass Alman mutfaðý wirklich lecker sein kann...

Mittlerweile bin ich ausserdem über die Phase raus, wo ich türkischer als die Türken sein wollte, mich möglichst anpassen, sodass man am besten gar nicht merken sollte, dass ich keine Türkin bin.

Inzwischen bin ich da lockerer und stelle fest, dass es umso leichter wird, die Unterschiede zu behalten und zu erklären, je besser ich türkisch sprechen kann.

Und da sind wir auch schon beim SChlüssel zur Integration in diesem Sinne:

Finden von Gemeinsamkeiten, Feststellen von Unterschieden und der Übernahme gemeinschaftlicher Verantwortung zwischen Zugewanderten und anwesender Mehrheitsbevölkerung.


DAS geht nämlich nur, wenn ich mit der anwesenden Mehrheitsbevölkerung auf Augenhöhe kommunizieren kann.

SPRACHE ist der Anfang von allem....


Martina

(ganz stolz, heute zum ersten Mal eine recht komplizierte Untersuchung mit vielen Anweisungen im KH ohne Übersetzer und ohne Englisch bewältigt....)
Zuletzt geändert von Martina am Mi 22. Jul 2009, 12:51, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon celikaile » Mi 22. Jul 2009, 13:25

Bravo Martina wir sind Stolz auf dich.. :smilie[123]
Es erwartet glaube ich auch keiner das wir TÜrkischer!?! als türkische Frauen werden...
Meine Türkischen Familienmitglieder Lieben und Respektieren mich so wie ich bin und wie du schon sagtest ist die Sprache der Schlüssel zum Glück..
LG Carmen

Es gehört oft mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern, als ihr treu zu bleiben.
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Beitragvon Micha » Mi 22. Jul 2009, 13:34

Aber bei der Kleidung dürftet ihr etwas türkischer werden.
Z.B. die schönen bequemen Hosen sind doch vor allem für Carmen ideal da du ja auf der Treppe immer so schwitzt kannst du bequem Eiswürfel in die Beine packen. ha ha ha :smilie[127]
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Beitragvon Karin+Gerhard » Mi 22. Jul 2009, 15:31

@martina
Dein Beitrag ist für mich erstmal ein schwerer Brocken weil ich Integration noch nie aus dem Blickwinkel eines Ausländers in der Türkei, sondern stets aus dem Blickwinkel eines Deutschen in Deutschland gesehen habe, der natürlich eine Bringschul des in Deutschland lebenden ausländers erwartet.
Da muss ich erst mal drüber nachdenken.
Gerhard
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Beitragvon Annette » Mi 22. Jul 2009, 16:32

Integration ist

wenn man von seinen Nachbarn in den Alltag mit einbezogen wird

wenn man zum Brot kaufen ne halbe Stunde braucht weil man mal eben ein Schwaetzchen mit der dort sitzenden Grossmutter haelt

wenn man sich dabei ertappt den Balkon nicht zu fegen sondern zu waessern...

wenn man auch bei 18 Grad plus noch ne Mütze aufsetzt

wenn man aufhört über alles zu meckern was anders ist

wenn man nicht mehr die 'Yabanbci Gelin' ist, sondern der 'alt komsu'

wenn man anfaengt auf türkisch zu traeumen

wenn man aufhört unterschiede erklaeren zu wollen und damit rechtfertigungen für sein anders verhalten sucht

wenn man einfach so wie man ist akzeptiert wird und im gegenzug das gegenüber ebenfalls akzeptiert

und noch ein ganz persönlicher wegen des gerade erlebten kurzurlaubs inkl dorfhochzeit:
wenn man zusammen mit den dorfmuttis am 'tag danach' das laken begucken muss und ernsthaft danach gefragt wird ob das nicht eigentlich albern sei, denn die jungvermaehlten lebten doch schon fast ein jahr zusammen... und die Antwort lautete: Nein dass ist nicht albern, dass ist Tradition!

Liebe Grüsse
Annette
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There is NO ONE alive who is YOUER than YOU.
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Beitragvon Birgit » Mi 22. Jul 2009, 17:11

@Annette: Klasse, Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Besser und schöner kann das wohl keiner formulieren.

Viele liebe Grüße, Birgit
:smilie[186]
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Beitragvon Martina » Mi 22. Jul 2009, 18:44

@karin und Gerhard: das einzige Mal bisher, dass ich mit Erdogan einer Meinung war (Abgesehen von seiner Wortwahl), war seine (sinngemässe) Aussage, dass Assimilation im Sinne von vollständiger Aufgabe der bisherigen Kultur zugunsten der neuen nichts gutes bringt...

Warum um alles in der Welt sollte ich alles aufgeben, was ich 34 Jahre lang gelebt und gelernt habe?

Ich kann ehrlich gesagt diejenigen (auch in D) nicht verstehen, die der Meinung sind, sie säßen zwischen den Stühlen.... ich seh das eher so, dass wir auf einer bequemen Zweisitzer-Couch Platz genommen haben, dass beide Kulturen unser Alltagsleben bereichern.

Erstaunlicherweise klappt das ganz gut, auch mit den Nachbarn.... da wir uns einerseits ins Alltagsleben einfügen (wie Annette es so schön beschrieben hat) wird uns auch andererseits ein gewisses "Recht aufs Anderssein" zugestanden, auch wenn es gelegentlich eher unter "ausländische Marotten" einsortiert wird.

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